Sonntag, 17. Januar 2010

Parkraumkonzept Thun: Alter Wein in neuen Schläuchen

Die Vernehmlassungsfrist zum Entwurf eines neuen Parkraumkonzepts für die Stadt Thun ist abgelaufen. Die Vorlage präsentiert sich als eigentliches „Parkraumaufhebungskonzept“, holt bisherige Planungsversäumnisse nicht nach und verschlechtert die bereits unbefriedigende Situation im Bereich Aarefeld / Bahnhof SBB / Seefeld.

In seinen wesentlichen Aspekten übernimmt das Parkraumkonzept alle bestehenden relevanten Planungsgrundlagen unverändert und ohne sie zu hinterfragen, inklusive der bekannten Planungslücken und -leichen im Gebiet Lachen/Schadau und Parkhaus City Süd. Es erhebt zwar keinen Anspruch auf eine Neuplanung, ist daneben aber auch lediglich alter Wein in neuen Schläuchen.

Ausgehend vom politischen Vorentscheid über den bevorzugten Standort im Schlossberg für ein zukünftiges Parkhaus City Ost befasst sich das Konzept in weiten Teilen mit der Aufhebung von bestehenden Parkplätzen und plant und begründet diese deutlich konkreter und detaillierter als die Schaffung der Voraussetzungen für die Aufhebung. So wird es zum eigentlichen „Parkraumaufhebungskonzept“. Die finanziellen Aspekte der Parkhausplanung und vorgesehenen Aufhebungen sind lückenhaft dargestellt. In dieser Hinsicht schliesst das Konzept die bestehenden Lücken im Aufgaben- und Finanzplan 2010-2013 keineswegs und trägt auch der fehlenden Machbarkeit aus finanziellen Gründen der Parkierungsanlage City Süd in keiner Weise Rechnung.

Das Konzept versäumt es, die bisherigen Erfahrungen mit der flächendeckenden Parkplatzbewirtschaftung aufzuarbeiten und insbesondere punktuell negative Aspekte für die Aussenquartiere zu korrigieren. Es erfüllt insgesamt die Erwartungen nicht und ist zur Überarbeitung zurückzuweisen.

Dienstag, 5. Januar 2010

Ethik eines Schuldenerbes?

Gestern haben Jürg Schönholzer, Lotti Pfeiffer und Peter Reinhard vom Thuner Seniorenrat rund 1‘700 Unterschriften auf der Thuner Stadtkanzlei deponiert, die sie gegen das neue Bestattungs- und Friedhofsreglement gesammelt hatten. Damit ist das Referendum gegen den einstimmigen Stadtratsbeschluss zur Aufhebung der unentgeltlichen Bestattung für Thunerinnen und Thuner vom 26. November 2009 zustande gekommen, und die Stimmberechtigten werden voraussichtlich am 13. Juni 2010 darüber abstimmen können.

Für diesen Stadtratsbeschluss übernehme ich persönlich Verantwortung: Der politische Auftrag dazu stammt aus der Arbeitsgruppe Aufgabenverzichtsplanung (AVP) und wurde unter meinem Vorsitz erarbeitet. Die ethischen Bedenken des Referendumskomitees aus den Reihen des Seniorenrats sind mir keineswegs fremd. Die Gegner der Massnahme blenden aber leichtfertig aus, dass auch die Alternativen keineswegs ethisch unbedenklich sind.

Das Komitee wendet sich gegen „eine Kommerzialisierung des Todes“. Die Finanzierung der öffentlichen Hand über Steuern und Gebühren verdient nie die Bezeichnung Kommerz. Wenn schon müsste von einer „Oekologisierung des Todes“ gesprochen werden. Anlass zur Massnahme bot nämlich der dringende Sanierungsbedarf des Thuner Krematoriums mit einer teuren Rauchgasfilterung. Angesichts der dazu fehlenden Investitionsmittel haben wir sogar die Schliessung des Krematoriums in Betracht gezogen, aber nicht zuletzt aus Pietätsgründen verworfen.

Tatsache bleibt, dass die Stadt Thun auch mit der nun bekämpften Massnahme 2010 anstehende Investitionen nur durch Neuverschuldung im Umfang von 7-11 Mio. Franken tätigen kann. Bis Ende 2013 werden es rund 40 Mio. zusätzliche Schulden sein, bis 2020 wohl über 75 Mio. Wie das Referendumskomitee vor diesem Hintergrund zum Bild eines finanziellen Rosenbetts kommt und wie es die Ethik dieses Schuldenerbes gegenüber unseren Nachfahren vertreten kann, entzieht sich meiner Einsicht.

Wir alle wünschen uns und unseren Angehörigen nach dem Ableben einen würdevollen Umgang mit unserer sterblichen Hülle. „Die kostenlose Bestattung der Verstorbenen ist eine wegweisende kulturpolitische Errungenschaft des letzten Jahrhunderts“, gab Jürg Schönholzer in einem Bericht des Thuner Tagblatts vom 10. Dezember 2009 zu bedenken. Der Stadtrat schaffe nun diese Errungenschaft aus rein finanziellen Überlegungen wieder ab.

Als wirkliche gesellschaftliche Errungenschaft mag gelten, dass diese Würde heute allen Leuten unabhängig von ihrem Vermögensstand zuteil wird, solange der öffentliche Haushalt ausreichend finanziert wird. Die vom Stadtrat einstimmig beschlossene Massnahme hilft mit, diese Finanzierung sicherzustellen.