Die Stadt Thun sitzt auf einem Schuldenberg von rund 200 Millionen Franken und steht vor der Möglichkeit, diesen mit dem Erlös aus einem möglichen Teilverkauf der Energie Thun AG um rund 75 Millionen Franken abzubauen und die laufende Rechnung um jährlich rund 2 Millionen Franken Schuldendienst zu entlasten. Die SP und Gewerkschaften bekämpfen diesen Schritt erbittert und bezeichnen die vorgeschlagene Beteiligungsnahme der BKW von 49% am Aktienkapital der Energie Thun AG despektierlich als „Verscherbeln des Thuner Tafelsilbers“.
Offenbar entspricht es dem Zeitgeist, nicht mehr danach zu fragen, ob einem das Tafelsilber tatsächlich gehört oder ob man es bloss auf Pump unterhält. Im Zeitalter des Kleinkredits wird so mancher Gegenstand des Wohnungsinventars vorausgesetzt, ob man ihn sich leisten kann oder nicht.
Was einem zwar aktienrechtlich, aber nicht vermögenstechnisch gehört, kann man auch nicht verscherbeln. In einer Gesamtsicht gehören Anlagen im Wert von 200 Millionen Franken aus dem öffentlichen Haushalt von Thun unseren Kreditgebern und gar nicht der Stadt, darunter auch die Energie Thun AG. Angesichts ansteigender Zinsen und auslaufender Darlehen an die Stadt bereitet diese Verschuldung nicht nur mir Sorgen.
Gestern Abend von 17:00 bis 18:30 Uhr liessen sich die interessierten Mitglieder des Thuner Stadtrats über das aktuelle Vertragswerk zwischen Stadt Thun und BKW informieren. Der Vertrag liegt dem politischen Geschäft zugrunde, über welches der Stadtrat an unserer Sitzung vom 18. September zu entscheiden hat. Zeit für das Studium der umfangreichen Sitzungsunterlagen blieb dabei nicht.
Zumindest der SP Thun hat dieser erste Eindruck, ihrer gestrigen Medienmitteilung zufolge, gereicht um festzustellen, dass es sich beim neuen Vertrag um eine Regelung handelt, die „miserabel für die Energie Thun AG“ sei. Nachdem der neue Verwaltungsratspräsident der Energie Thun AG, Kurt Bill, diese Regelung als durchaus valable und in etwa gleichwertige Variante zum Status quo bezeichnet, bedeutet die scharfe Kritik der SP nichts anderes, als dass in den Augen der Linken die Unternehmensleitung der Energie Thun AG in den vergangenen neun Monaten gegen die Interessen des Unternehmens miserabel verhandelt hat.
Mit diesem vorgefassten Urteil desavouiert die SP Thun in erster Linie die Unternehmensleitung der Energie Thun AG und in zweiter Linie die intensive und konstruktive gemeinsame Verhandlungsarbeit von Energie Thun AG, Stadt Thun und BKW. Das Urteil ist Ausfluss bornierter Parteidogmatik und wird weder der Entwicklung der vergangenen neun Monate, der Situation der Energie Thun AG noch der Finanzlage der Stadt Thun gerecht.
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