Offener Brief an den Präsidenten
des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern
Sektion Thun, Herrn Reto Heiz
Sehr geehrter Herr Präsident, Lieber Reto
Ich beziehe mich auf die Berichterstattung des Thuner Tagblatts in seiner heutigen Ausgabe zu einem Schreiben, das Sie im Namen von fünf lokalen Wirtschaftsverbänden an die bürgerlichen Parteien Thuns und die Medien versandt haben. Ich antworte Ihnen hier spontan in meinem eigenen Namen und – nachdem die öffentliche Diskussion dazu lanciert ist – in offener Form zuhanden der Präsidien und Vorstände der beteiligten Verbände. Ich mache diesen Schritt in der Auffassung, dass meine Partei nicht um Beihilfe der Thuner Wirtschaft in der Finanzierung unseres Wahlkampfs nachgesucht hat.
Zu einfach
Meine Damen und Herren, Sie machen es sich zu einfach! Das Thuner Tagblatt zitiert Hansueli Hirt mit der Aussage: „Unser Primärziel ist, dass Thun nicht weitere 16 bis 20 Jahre ein SP-Stadtpräsidium hat.“ Die Verhinderung einer politischen Partei kann doch aus Sicht der Thuner Wirtschaft, die ich im Übrigen beruflich ja auch vertrete, keine Zielsetzung sein. Natürlich sehnt man sich im Regen nach der Sonne, aber es gibt auch noch die Traufe. Sie kommen nicht umhin, das Klima näher zu umschreiben, das in Thun ab Legislaturwechsel neu herrschen soll.
Zu billig
Meine Damen und Herren, Sie verkaufen sich zu billig! Sie machen Ihre finanzielle Beihilfe allein abhängig von der Einigung der Parteien auf eine einzige gemeinsame Kandidatur für das Stadtpräsidium, unabhängig von der Natur des Kandidaten oder der Kandidatin. Würden Sie in Ihrem Betrieb die Personalverantwortung über eine Geschäftseinheit mit 400 Mitarbeitenden und die Budgetverantwortung über 250 Millionen Franken an einen Stellenbewerber übertragen unter der alleinigen Voraussetzung einer einzelnen Bewerbung?
Zu spät
Meine Damen und Herren, Sie kommen zu spät! Ihre Wortmeldung erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem mit Ausnahme der FDP alle Parteien ihre Nominationen für das Stadtpräsidium teilweise schon lange bekannt gegeben haben. Jeder Rückzieher zu diesem Zeitpunkt würde von der Öffentlichkeit als Nachgeben unter dem Druck der Wirtschaft gesehen, als Einschränkung der wünschenswerten Wahlfreiheit der Wählerinnen und Wähler und als fragwürdige Einflussnahme Ihrer Verbände auf einen urdemokratischen Prozess.
Meine Erwartung und mein Versprechen
Ich erwarte von Ihren Verbänden, dass Sie sich mit allen nun bekannten Nominationen für das Stadtpräsidium anhand eines nachvollziehbaren Anforderungskatalogs auseinandersetzen und verspreche Ihnen hier öffentlich, dass ich der erste Bewerber sein werde, der auf die offizielle Einreichung seiner Kandidatur bei der Stadtkanzlei zugunsten eines besser geeigneten bürgerlichen Kandidaten bzw. einer Kandidatin verzichten wird, sollte dieser Kandidat oder diese Kandidatin die formulierten Anforderungen der Thuner Wirtschaft nachweislich besser erfüllen als ich.
Als Vertreter der Thuner Wirtschaft vertraue ich in dieser verbindlichen Zusage darauf, dass Sie einen Katalog an Qualifikationskriterien anwenden werden, welcher der Führungsverantwortung des Stadtpräsidiums angemessen ist. Als Kriterium der Wirtschaftsnähe mag Ihnen das einschlägige Rating der Kandidierenden dienen, das Smartvote für die kantonalen Wahlen dieses Jahres erstellt hat, und das unter www.smartvote.ch als Analyse („Liberalisierungs-Rating, wirtschaftlich“) für Thun abrufbar ist.
Wie weiter?
Ohne direkte Auseinandersetzung Ihrer Verbände mit den bekannten Nominationen werden sich die angesprochenen politischen Parteien in meiner persönlichen Einschätzung nicht einigen können. Die angedrohte Strafe eines Finanzierungsverzichts ist kein angemessenes Mittel der Interessenwahrung für die Thuner Wirtschaft. Hansueli Hirt beklagt im Thuner Tagblatt: „Aber die Politik macht nicht mit.“ Ich rufe Ihnen zu: Dann machen Sie als Thuner Wirtschaft mit! Sie sind gefordert, und mein Versprechen gilt.
Freundliche Grüsse
Konrad Hädener
CVP-Stadtrat und
Kandidat für Gemeinderat und Stadtpräsidium
Samstag, 7. August 2010
Mittwoch, 4. August 2010
Künstler, Kulturschaffende und Kanarienvögel
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Unter diesen Titel stellt der österreichische Autor Ingo Baumgartner sein witziges Kurzgedicht, das folgenden Vers enthält: „Näher rückt das Unbehagen / Es hinkt, will nichts sagen. / So erwäge ich einen Vergleich.“
Ein Unbehagen hat auch den Schweizer Autor Daniel de Roulet beschlichen. Er hat ihm Ausdruck verliehen und einen Vergleich gewagt: „Wir, Künstler und Kulturschaffende, sind gleichsam wie der Kanarienvogel der Schweizer Gesellschaft, er singt, aber der Bergarbeiter ist so beschäftigt, dass er ihn nicht hört.“ Den Bezug zum Bergbau stellt er einleitend in seinem Kanarienvogelmanifest so her: „In die unterirdischen Grubengänge von einst pflegte der Bergarbeiter einen Kanarienvogel mitzunehmen, der ihn bei Gefahr warnen sollte. Fing der Kanarienvogel an zu singen, war das ein Vorzeichen, dass Unheil in der Luft lag, Brandgefahr oder gar eine Explosion.“
Nun ist es leider vielmehr so, dass der hier bemühte Kanarienvogel das Unheil in der Grube nicht durch seinen reizenden Gesang angezeigt hätte, sondern indem er tot von der Stange fiel, vergiftet vom geruchlosen Grubengas Kohlenmonoxid, das die Bergleute als „böses Wetter“ fürchteten. Als Warner vor den als „schlagende Wetter“ gefürchteten Methangas-Ansammlungen, die für viele Untertageexplosionen verantwortlich sind, war er leider weniger zuverlässig. Im Baulärm eines Bergwerks geht zudem wohl jeder Kanariengesang ungehört unter.
Diese Unstimmigkeit im Manifest von Daniel de Roulet nagt leider an dessen Aufhänger und wird den Literaten ärgern – und mit ihm jene Hunderte Kulturschaffende, die das Kanarienvogelmanifest mit unterzeichnet haben. Tote Kanarienvögel singen nun einmal nicht.
Aber Gefahr liegt sehr wohl in der Luft. Die Brandstifter sind unterwegs. Es gilt, den immer dreisteren Anflügen von Rassismus in unserem Land entschieden entgegen zu treten oder, um es mit Gottfried Keller zu halten, vor das Haus zu treten und zum Rechten zu schauen.
Ich begrüsse die Initiative „Kunst und Politik“, in die sich das Kanarienvogelmanifest einreiht. Die Stimme der Kunst und Kultur wird gehört und spricht mit anderer Autorität als diejenige der Politik. Ich freue mich auf die Fortsetzung des Duetts Kunst+Politik. Es muss ja kein Vogelgesang sein.
Ein Unbehagen hat auch den Schweizer Autor Daniel de Roulet beschlichen. Er hat ihm Ausdruck verliehen und einen Vergleich gewagt: „Wir, Künstler und Kulturschaffende, sind gleichsam wie der Kanarienvogel der Schweizer Gesellschaft, er singt, aber der Bergarbeiter ist so beschäftigt, dass er ihn nicht hört.“ Den Bezug zum Bergbau stellt er einleitend in seinem Kanarienvogelmanifest so her: „In die unterirdischen Grubengänge von einst pflegte der Bergarbeiter einen Kanarienvogel mitzunehmen, der ihn bei Gefahr warnen sollte. Fing der Kanarienvogel an zu singen, war das ein Vorzeichen, dass Unheil in der Luft lag, Brandgefahr oder gar eine Explosion.“
Nun ist es leider vielmehr so, dass der hier bemühte Kanarienvogel das Unheil in der Grube nicht durch seinen reizenden Gesang angezeigt hätte, sondern indem er tot von der Stange fiel, vergiftet vom geruchlosen Grubengas Kohlenmonoxid, das die Bergleute als „böses Wetter“ fürchteten. Als Warner vor den als „schlagende Wetter“ gefürchteten Methangas-Ansammlungen, die für viele Untertageexplosionen verantwortlich sind, war er leider weniger zuverlässig. Im Baulärm eines Bergwerks geht zudem wohl jeder Kanariengesang ungehört unter.
Diese Unstimmigkeit im Manifest von Daniel de Roulet nagt leider an dessen Aufhänger und wird den Literaten ärgern – und mit ihm jene Hunderte Kulturschaffende, die das Kanarienvogelmanifest mit unterzeichnet haben. Tote Kanarienvögel singen nun einmal nicht.
Aber Gefahr liegt sehr wohl in der Luft. Die Brandstifter sind unterwegs. Es gilt, den immer dreisteren Anflügen von Rassismus in unserem Land entschieden entgegen zu treten oder, um es mit Gottfried Keller zu halten, vor das Haus zu treten und zum Rechten zu schauen.
Ich begrüsse die Initiative „Kunst und Politik“, in die sich das Kanarienvogelmanifest einreiht. Die Stimme der Kunst und Kultur wird gehört und spricht mit anderer Autorität als diejenige der Politik. Ich freue mich auf die Fortsetzung des Duetts Kunst+Politik. Es muss ja kein Vogelgesang sein.
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