In der heutigen Ausgabe der NZZ am Sonntag befragt Redaktorin Charlotte Jacquemart den US-Anlagespezialisten Dan Roberts von MacKay Shields: „Der grösste Bond-Investor Pimco hat alle US-Staatsanleihen verkauft. Hat Sie das überrascht?“ Antwort Roberts: „Ich kenne die Gründe nicht.“ Auf die Frage, ob ein Aufschwung angesichts der dramatischen Ereignisse in Japan überhaupt noch stattfinden könne, ortet Roberts zwar kurzfristig Rückschläge. Aber Japan werde sich als hochentwickeltes Land erholen.
In derselben Ausgabe sagt NZZ-Redaktor Markus Städeli Japan „nach dem atomaren das wirtschaftliche Debakel“ voraus. Eine schrumpfende und alternde Gesellschaft sowie explodierende Staatsschulden führten unweigerlich zu einem dramatischen wirtschaftlichen Abstieg Nippons. Dazu wäre es ohnehin gekommen. Die aktuelle Umweltkatastrophe beschleunige bloss das Unvermeidliche.
Ich lasse den Widerspruch einmal unkommentiert stehen. Vielleicht haben Sie sich in den letzten Tagen der japanischen Krise wie ich gefragt, was dem Yen unter diesen Bedingungen zu seinem Höhenflug verholfen hat. Intuitiv hätte ich das Gegenteil erwartet. Erklären kann ich mir das bloss mit der Vorstellung, dass in bedeutendem Ausmass Kapital vom Ausland nach Japan fliesst.
Dass dort riesige Investitionssummen für den Wiederaufbau benötigt werden, ist wohl anzunehmen. Aber nachdem die japanischen Staatsschulden gemäss NZZ-Bericht bereits heute auf 225% der jährlichen Wirtschaftsleistung angestiegen sind und weiter auf 600% des Bruttoinlandprodukts anzuwachsen drohen, wird das Land auf seine Auslandinvestitionen zurückgreifen müssen, um den Investitionsbedarf im Inland decken zu können.
Erschreckenderweise ist Japan heute der zweitgrösste ausländische Gläubiger der USA, gleich nach China. Nach der offiziellen Statistik der amerikanischen Notenbank hielt Japan Ende Januar 2011 US-Staatsanleihen im Wert von USD 886 Milliarden, nach China mit USD 1‘155 Milliarden. Das Fed selbst hielt gleichzeitig US-Staatspapiere im Wert von USD 1‘125 Milliarden.
Erschreckend an dieser Feststellung ist die Perspektive, dass ein Abzug japanischer Kapitalanlagen aus den USA die drohende US-Schuldenkrise dramatisch beschleunigen könnte. China hat schon länger angekündigt, seine Devisenreserven umschichten zu wollen, damit aber gezögert, um seinen wichtigen Absatzmarkt in den USA nicht zu gefährden. Japan wird diese Skrupel zwar grundsätzlich teilen, in der aktuellen Ausgangslage aber möglicherweise keinen anderen Weg sehen, als sich unter Inkaufnahme von Kursverlusten von einem Teil seiner US-Anlagen zu trennen.
Vor diesem Hintergrund ist der frühere US-Präsidentenberater Dan Roberts unglaubwürdig, wenn er heute anführt nicht zu wissen, weshalb sich der weltgrösste Rentenfonds Pimco im Februar aus den amerikanischen Staatsanleihen geflüchtet hat. Dessen Manager Bill Gross hatte aus den Gründen für seinen Ausstieg ja kein Geheimnis gemacht.
Möglichweiser stehen wir am Einstieg auf eine sich rasch drehende Abwärtsspirale der US-Schuldtitel, angetrieben von einer überbordenden Verschuldung in den USA und Japan und beschleunigt durch den krisenbedingten Rückzug Japans aus diesen Anlagen.
Wem das noch keine Sorge bereitet, mag sich vor Augen halten, dass auch die Schweiz Ende Januar 2011 US-Staatsanleihen im Wert von USD 108 Milliarden hielt, fast doppelt so viel wie Deutschland und fast viermal so viel wie Frankreich.
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