Vor einer Woche habe ich in meinem Beitrag über die Naturkatastrophe in Japan die Frage aufgeworfen, ob im Abklingbecken des havarierten Reaktors Fukushima-Daiichi-1 zum Zeitpunkt der Wasserstoffexplosion Brennstoff zwischengelagert wurde und wenn ja, wie es wohl darum stehe.
Die Entwicklungen der vergangen Tage am Standort Fukushima Daiichi haben gezeigt, dass die Frage sehr berechtigt war.
Häufiger aber wurde ich zwischenzeitlich mit der Frage konfrontiert, ob „das“ auch bei uns in der Schweiz passieren könnte. Gegenstand der Frage war natürlich der Störfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi unter Katastrophenbedingungen, wie sie in Japan geherrscht haben: Ein schweres Erdbeben gefolgt von einer schrecklichen Flutwelle. Im Rampenlicht der hiesigen Medien stand dabei jeweils das KKW Mühleberg nach einem hypothetischen Dammbruch am Wohlensee.
Wie die Nachrichtenagentur NucNet heute berichtet, betrug die Erschütterungsintensität des Erdbebens vom 11. März 2011 am Standort Fukushima Daiichi 507 Gal (cm/s2). Das Werk war aber ausgelegt auf maximale Beschleunigungen von lediglich 449 Gal. Die anschliessende Flutwelle erreichte offenbar im Gebiet der Präfektur Fukushima eine Höhe von 23 Metern, während das Werk bloss auf Wasserwalzen von 10 Metern ausgelegt war.
Viel offensichtlicher als die Frage, weshalb die Auslegungskriterien des KKW Fukushima Daiichi bei dessen Bau nicht konservativer gewählt worden waren, erachte ich die Frage nach den Auslegungskriterien der restlichen Siedlungsinfrastruktur in der Präfektur. Immerhin hat diese Infrastruktur bei ihrem Kollaps unter der Wucht von Erdbeben und Tsunami ja nach aktuellen Schätzungen gegen 15‘000 Menschen unter sich begraben.
Ebenso ist zu fragen, was unter den konkreten Bedingungen einer hypothetischen Naturkatastrophe, die das KKW Mühleberg ernsthaft gefährden könnte, von der Infrastruktur unserer Bundeshauptstadt noch stehen würde bzw. was der supponierte Dammbruch am Wohlensee an direkten Schäden ausserhalb des Werkgeländes verursachen würde.
Mich irritiert noch immer und zunehmend, dass die in den westlichen Medien angestellten Überlegungen sich ausschliesslich um die beobachteten oder allenfalls zu erwartenden Schäden an KKW hüben und drüben drehen. Die hypothetische Evakuation von Tokio oder Bern in der Folge von Reaktorschäden beschäftigt mehr als die effektive Auslöschung ganzer Landstriche als direkte Wirkung der Naturereignisse. Kurz: Die vernichtenden, direkten Auswirkungen einer Naturkatastrophe werden in der Berichterstattung und damit in der öffentlichen Wahrnehmung den indirekten und bisher vergleichsweise geringen Schäden der Kerntechnik untergeordnet.
Solange wir bei einem hypothetischen Erdbeben der Stärke 9.2 auf der Richterskala in der Schweiz gefolgt von einem Staudammbruch und einer 23 Meter hohen Flutwelle zuerst an Mühleberg denken, begehen wir womöglich denselben Fehler wie die Japaner, die unter ihrer Küstenbevölkerung Tausende von Todesopfern zu beklagen haben, während von den Reaktorblöcken von Fukushima immerhin noch so viel steht, dass es sich darum zu kämpfen lohnt.
Sonntag, 20. März 2011
Kann das bei uns auch passieren?
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5 Kommentare:
Ja das kann auch bei uns passieren!
Ich habe versucht, das gesamte Ausmass der Japan-Atomkatastrophe und was sie fuer Europa bedeutet hier uebersichtlich zusammenzufassen:
http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=208864
die evakuation bei einer naturkatastrophe, oder bei einem atomunfall hat einen entscheidenden unterschied, bei einem atomunfall bleiben einige gebiete über jahrzente unbewohnbar.
@CrisisMaven: Sie bekräftigen die Sichtweise, die ich hier kritisiere, insbesondere im Beitrag http://dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=209125. Statt zu fragen: "Was hätte eine ähnliche Naturkatastrophe bei uns für Folgen, und können wir uns davor besser wappnen?", verengen Sie Ihren Blick auf die Kernkraft.
@rittiner gomez: Mein Punkt ist: In Japan hat es keine Evakuation vor der Naturkatastrophe gegeben. Deshalb sind mehr als 15'000 Menschen ums Leben gekommen. Gäbe es diese Evakuationsmöglichkeit bei uns? Was lernen wir daraus?
die schweiz ist bei eiem atomunfall schlicht zu klein um leute zu evakuieren, das hiesse dann eher emigriren.
es gab in japan natürlich tsunamiwarnungen, ohne diese hätte es noch viel mehr tote gegeben.
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