Als Seefahrer liegt es uns Thunern nahe, die Bilder zur Illustration unserer Sprache der Nautik zu entlehnen. So schreibt auch mein Stadtratskollege Matthias Zellweger (FDP) in seiner Kolumne im Thuner Tagblatt vom 19. Juli 2008 von Kapitänen, Seilwerk und Knoten. Angesichts seines aktuellen Engagements zur Verwirklichung des Projekts Goldfisch – Bau und Einsatz des weltweit ersten solarbetriebenen Unterseeboots im Thunersee – verwundert das nicht. Die Zellwegersche Spalte handelt vordergründig von der anstehenden baulichen Entwicklung des Stadtgebiets Rosenau am Hauptbahnhof Thun bis hin zum Hotel am Lachen in Dürrenast. Die kohärente Entwicklung dieses Stadtgebiets ist in der Tat eine vordringliche Aufgabe.
Nicht allzu weit in den Hintergrund seines Artikels legt Matthias aber das Thema der Gemeindewahlen 2010 mit der Frage, wo denn der Kapitän zu finden sei, der solche Projekte planerisch, führungsmässig und kommunikativ in den sicheren Hafen von Thun führen werde. Unverhohlen ist seine Kritik an der heutigen Stadtregierung, der er Führungsschwäche, Verzettelung und mangelndes Engagement attestiert. Welche Rolle er dabei konkret seiner FDP-Fraktionskollegin und Baudirektorin Jolanda Moser zuschreibt, bleibt unausgesprochen.
Die Gemeindewahlen 2010 liegen in einiger Ferne. Dennoch ist die Sorge darüber angebracht, ob insbesondere die FDP heute so aufgestellt ist oder bis dahin sein wird, dass sie das nächste Wahlergebnis wird zu ihren Gunsten beeinflussen oder gar das Stadtpräsidium beanspruchen können. Politisches Kalkül ist eines, Kalkulierbarkeit etwas anderes. Wenn es unserer Thuner FDP in letzter Zeit an etwas gemangelt hat, dann an Kalkulierbarkeit: Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit unter politischen und institutionellen Partnern, Einschätzbarkeit unter politischen Kontrahenten, Nachvollziehbarkeit aus Sicht der Bürgerin und des Bürgers.
Was mich das kümmert? Die FDP erhebt programmatischen Anspruch auf dieselben Grundwerte des Liberalismus, die auch meine persönliche politische Ausrichtung stark prägen. Der Freisinn liegt mir naturgemäss nahe. Die CVP in ihrer heutigen Ausprägung und die FDP bildeten eine natürliche Familie, wenn die beiden Parteien einmal von ihren unterschiedlichen Ahnentafeln absehen könnten.
Bei der FDP blickt man nicht ohne Stolz mit einem Auge zurück auf die staatstragende Rolle des Freisinns während und nach der Gründung unseres Bundesstaates, derweil das andere Auge manisch auf die zurzeit schier unaufhaltsam sinkende Erfolgskurve der Partei fixiert ist. Was fehlt ist der Blick nach vorne, eine überfällige und zügige Erneuerung der Partei, eine unvoreingenommene Auswahl von Allianzpartnern und der unverrückbare Wille zur Zusammenarbeit.
Schliesslich, aber dies nicht zuletzt, braucht es Exponenten mit Entschlossenheit zur beharrlichen Detailarbeit im Rahmen des jeweiligen politischen Kontexts – Exponenten, die nicht bloss Thesen in den Raum stellen, sondern ihre Standpunkte glaubwürdig, geradlinig, kalkulierbar und verständlich zu vermitteln vermögen.
Allein mit PR und Kapriolen lässt sich kein Kapitänspatent erlangen. 2010 ahoi!
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