Die SP Schweiz meldet sich mit einem Positionspapier zur öffentlichen Sicherheit zu Wort, und im Thuner Stadtparlament nimmt die SP diese neuen Thesen zum Anlass, mit einem Strauss von gleich fünf Vorstössen die Themenführerschaft in Sachen öffentliche Sicherheit einzufordern. Begeistert von der unerwarteten Schützenhilfe von links sieht der von Nachtlärm in der Innenstadt geplagte Sheriff mit der spitzen Feder vom Lokalblatt bereits ruhigere Nächte auf sich zukommen.
Was lässt mich daran zweifeln, dass sich die SP mit der Sicherheit so sicher ist? Sind es die Kommentare von SP-Nationalrat Andrea Hämmerle, der das Thesenpapier als „Verletzung sozialdemokratischer Grundsätze“ bezeichnet? Hämmerle meint in einem Interview mit der WOZ: „Im Vokabular und in der Diktion ist das Papier eine Kehrtwende in Richtung mehr Repression. Rechtsstaat und Freiheitsrechte werden ziemlich marginal behandelt. Dieses Papier ist verunglückt. […] Das Papier ist auch nicht das Ergebnis einer fundierten Analyse. Wir stellten uns bisher zu Recht auf den Standpunkt, dass Sicherheit zwar ein wichtiges Thema ist, dass aber Statistiken und Erfahrungen zeigen, dass die Sicherheit in der Schweiz real nicht abgenommen hat.“ NR Hämmerle findet weiter, man sei bei der SP zumindest im Vokabular und zum Teil auch in den geforderten Massnahmen der SVP nachgelaufen. Das Papier nehme herbeigeredete Gefühle auf und schlage Massnahmen vor, die höchst fragwürdig seien und teilweise gegen die eigenen Grundsätze der SP verstiessen. Er glaubt daher nicht, dass das Positionspapier am entscheidenden Parteitag der SP vom 25.-26. Oktober 2008 in Aarau eine Mehrheit finden werde. Ist mit diesem Papier und dem Thema der öffentlichen Sicherheit ein Spaltpilz nun auch in die SP gekrochen?
Zweifel an der Ernsthaftigkeit der SP Thun im Umgang mit dem Thema Sicherheit weckt bei mir nicht zuletzt der Umstand, dass es neben der GFL- vor allem die SP-Fraktion war, die an der Stadtratssitzung vom 2. November 2006 vehement gegen die vorgeschlagene Verschärfung des Thuner Demorechts eintrat. Über ihren gewerkschaftlichen Arm – Unia Sektion Berner Oberland und Gewerkschaftsbund Thun – hat die Thuner Linke erst im März dieses Jahres ihre Beschwerde gegen das damals gegen ihren Willen verabschiedete Ortspolizeireglement nun ans Bundesgericht weitergezogen. Die mit dem Reglement von einer klaren Mehrheit des Thuner Stadtparlaments angestrebte Erhöhung der öffentlichen Sicherheit bei Demonstrationen bleibt damit weiterhin blockiert. Auslöser für die Verschärfung des Thuner Demorechts waren die antifaschistischen Abendspaziergänge in den Jahren 2003 und 2005. Die dabei angerichteten Schäden an öffentlichem und privatem Gut waren real – und im Sinne von NR Hämmerle keineswegs „herbeigeredet“.
Ich freue mich auf die Auseinandersetzung im Thuner Stadtrat mit den angekündigten Vorstössen der SP. Eines ist sicher: Mit plakativen Sprüchen wie „SP will Sicherheit für alle – Nicht nur für Reiche“ lässt sich heute kein Wahlkampf mehr gewinnen. Das hat man offenbar auch in Teilen der SP erkannt.
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