In Anlehnung an die alte Seefahrerweisheit, wonach der Fisch zuerst am Kopf stinke, titelt die Solothurner Zeitung vom Samstag auf ihrer Frontseite: „Pinguin stinkt am Kopf zuerst“. Die schwelende Kontroverse um die Open-Source-Strategie des Kantons Solothurn, die auf das quelloffene Betriebssystem Linux mit seinem Pinguin-Maskottchen setzt, geht demnach in die nächste Runde. Darin eingeschaltet hat sich nun auch die kantonale Finanzkontrolle, die neben den offensichtlichen Einsparungen bei den Lizenzgebühren jetzt auch die mit dem Linux-Einsatz verbundenen Mehraufwände der Verwaltungsanwender erfassen will. Bereits vor zwei Jahren kleidete die SVP die nicht enden wollenden Klagen aus der Verwaltung über sinkende Produktivität in eine Interpellation im Kantonsparlament. Der Vorstoss wurde damals allerdings von der Kantonsregierung in ihrer Antwort als sinnlos abgetan. Wie die Solothurner Zeitung nun mit ihrem Vergleich aus der Tierwelt herausstreicht, arbeitet bis heute kein Mitglied dieser Kantonsregierung selbst an einem Linux-basierten PC, weil die Bearbeitung von Regierungsratsbeschlüssen auf der Grundlage von Microsoft-Technologie erfolge.
Gegen die konsequente Umstellung auf Open-Source-Software stellt sich u.a. die Kantonspolizei Solothurn, deren Kommandant in dieser Sache mit einem Redeverbot belegt ist, derweil ein externes Gutachten abklären soll, ob und wie eine Umstellung erfolgen kann. Ebenso mit einem Maulkorb ausgestattet wurde der Chef des Amtes für Informatik und Organisation, Kurt Bader. In der Informatikgruppe Verwaltung hat der oberste Informatiker und langjährige Verfechter der kontroversen Open-Source-Strategie mittlerweile nur noch beratende Funktion.
Während es also aareabwärts in Solothurn in Sachen Linux-Einsatz in der Verwaltung gewaltig gärt, werden die Befürworter von Open-Source-Software in Bundesbern nicht müde, auf die wegweisende Pionierrolle des Kantons Solothurn beim Einsatz lizenzgebührenfreier Programme hinzuweisen. Nicht bloss, dass nicht alles Gold wäre, was glänzt – bei näherer Betrachtung verblasst das viel zitierte Beispiel Solothurn völlig glanzlos.
Zeitgleich mit dem eingangs erwähnten Zeitungsbericht hat am Freitag das Bundesverwaltungsgericht seinen Zwischenentscheid im Beschwerdeverfahren von 18 Open-Source-Software-Anbietern gegen die Beschaffung von Microsoft-Software im Wert von CHF 42 Mio. bekannt gegeben. Es hat entschieden, dass der Bund zurzeit zwar Software bei Microsoft beziehen darf, aber selber die Verantwortung für den möglichen Schaden trägt, wenn der Vertrag zwischen dem Bund und Microsoft im weiteren Verlauf des Verfahrens als nichtig erklärt werden sollte. Die Beschwerdeführer werten diesen Entscheid als Zwischenerfolg. Ihr Sprecher betont dazu: „Wenn der Bund weiterhin migriert und anschliessend zurück muss, könnten viele Steuergelder verschwendet werden“. Er fordert die Bundesverwaltung daher dazu auf, auf die Weiterführung der Migrationsprojekte zu verzichten, bis das Urteil feststeht.
Damit hätten wir beim Bund nun schon fast solothurnische Verhältnisse. Während drüben die Untersuchungsergebnisse der kantonalen Finanzkontrolle und externe Gutachten im Herbst abgewartet werden, blockiert hüben ein Beschwerdeverfahren laufende Migrationsprojekte für Zehntausende von Bundesarbeitsplätzen, und das nach monatelangen Vorarbeiten und generalstabsmässiger Planung im Rahmen einer unbestrittenen IT-Strategie. Mein Verständnis von digitaler Nachhaltigkeit ist ein anderes.
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