Die neueste Episode im Thuner Wahlkampfprogramm könnte den Titel tragen: „Steuern senken oder Heute bauen wir uns ein Luftschloss.“ Hauptdarsteller darin sind mein FDP-Stadtratskollege Hanspeter Aellig und der SVP-Stadtratsaspirant Lukas Lanzrein. Offenbar recht unbelastet von Detailkenntnissen der Stadtfinanzen erklären Sie die Zeit reif für eine Steuersenkung in Thun. Gemeinsam präsidieren sie ein jugendliches Initiativkomitee „für angemessene und tiefere Steuern“. Die Stadt Thun gäbe zu viel Geld für Projekte aus, welche entweder unsinnig und luxuriös seien oder nie zu Ende geführt würden. Mit Steuergeldern müsse verantwortungsvoller und sorgfältiger umgegangen werden.
Konkret fordern die Urheber per Volksinitiative eine Senkung der Steueranlage für die Stadt Thun um zwei Steuerzehntel von gegenwärtig 1.74 auf neu 1.54. In absoluten Zahlen bedeutete das einen Steuerausfall von rund 10 Millionen Franken pro Jahr.
Gemäss Aufgaben- und Finanzplan 2010-2013 der Stadt rechnet Thun für die Jahre 2011 bis 2013 mit Defiziten von 4 bis 5 Millionen Franken pro Jahr. Mit der seit Drucklegung des Plans beschlossenen kantonalen Steuergesetzrevision 2011 werden es eher Defizite von 6 Millionen Franken pro Jahr sein. Bei den Investitionen ist im selben Zeitraum mit Finanzierungslücken von rund 10 Millionen Franken pro Jahr und entsprechender Mehrverschuldung zu rechnen. Aus dem Bereich Sportstätten und Begleitprogramm Agglomerationsverkehr werden innert kürzester Zeit wahrscheinlich noch gegen 50 Millionen Franken zusätzlich an ungedecktem Finanzierungsbedarf und entsprechender Mehrverschuldung hinzukommen.
Im Rahmen der Budgetberatung im Stadtrat des Voranschlags 2011 und des Aufgaben- und Finanzplans 2011-2014 werden FDP und SVP im November – also noch vor dem Gemeindewahltermin vom 28. November 2010 – ausgiebig Gelegenheit haben darzulegen, auf welche „unsinnigen und luxuriösen“ Ausgaben bzw. Investitionen sie verzichten wollen.
Zwischenzeitlich rufe ich den Initianten bloss zu: „Träumt weiter, Jungs! Aber haltet euch fern vom Ruder, denn am Steuer der Thuner Stadtfinanzen habt ihr euch mit diesem Vorstoss disqualifiziert.“
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