Montag, 11. August 2008

Taxi-Krieg

Mein Taxifahrer in Thun stammt aus dem Orient. Nennen wir ihn hier Mustafa, denn auch er hat Anspruch auf Wahrung seiner Privatsphäre. Wo Mustafa herkommt, herrschen noch immer kriegsähnliche Zustände. Und hinein geraten ist er nun in den Kampf unter den Thuner Taxihaltern und -fahrern, in einen Kampf ums wirtschaftliche Überleben.

Nach seiner Einreise in die Schweiz erlernte Mustafa in kurzer Zeit unsere Sprache, die er heute fliessend spricht, auch Mundart. Er scheint eine Begabung zu haben für Sprachen, jedenfalls begann er schon früh, so neben her Arabisch- und Deutschkurse für die jeweils andere Sprachgruppe anzubieten. Als eigentliche Existenzsicherung aber fuhr er Taxi. Die überlangen Arbeitstage und unregelmässigen Arbeitszeiten fingen an, ihn zu stören, nachdem er eine Familie gegründet hatte und das erste Kind da war. Mustafa machte sich selbständig und nutze eine gute Kaufgelegenheit zum Erwerb des gepflegten Occasions-Mercedes, den er heute fährt – sehr vorsichtig, denn ein Ersatz läge finanziell nicht drin.

Wie Mustafa einkommensmässig dasteht, weiss ich nicht. Jedenfalls beklagt er sich nicht, ist stets freundlich, gut gelaunt und prompt da, wenn ich ihn auf seiner Mobilnummer anrufe, was nicht sehr häufig vorkommt. Von Kleinkrieg mit seinen Mitkonkurrenten lässt er sich nichts anmerken.

Dieser scheint aber Realität zu sein. Das Thuner Tagblatt brachte bereits im Juni 2008 einen Szenenbericht, in dem von Wildwest-artigen Zuständen die Rede war, von gegenseitigen Beschimpfungen und Tätlichkeiten im Gerangel um spärliche Kundschaft. Hauptsächlich wurden von Insidern aber illegale Praktiken angeprangert: Unterschlagung von AHV-Beiträgen der Arbeitnehmer, Umgehung der MWST-Pflicht, Nichteinhalten der gesetzlichen Ruhezeiten, Fahren in angetrunkenem Zustand.

Einem aktuelleren Bericht des Thuner Tagblatts vom 9. August 2008 zufolge will der Thuner Gemeinderat und Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler (SP) diesen Missständen nun mit einer Verschärfung des städtischen Taxireglements begegnen. Neuanträge für Taxi-Lizenzen sollen auch auf ihre Aussichten bezüglich Wirtschaftlichkeit geprüft werden können. Aller Voraussicht nach werde der Gemeinderat „in den nächsten Wochen“ über die Verschärfung des Reglements befinden.

Peter Siegenthaler beklagt in diesem Zusammenhang die „sehr liberale“ kantonale Gesetzgebung, die den städtischen Behörden vielfach die Hände binde. Ähnlich lautet die Analyse seiner Parteikollegin, der Berner Stadträtin Gisela Vollmer, die im Namen der SP/Juso-Fraktion für die Stadt Bern per Motion eine Begrenzung der Anzahl Konzessionen fordert.

Glücklicherweise liegt die Kompetenz zur Verschärfung der städtischen Taxireglemente noch immer bei den jeweiligen Legislativen, den Stadtparlamenten. Ich werde mich im Thuner Stadtrat klar gegen eine Überregulierung und schleichende Einführung von Planwirtschaft aussprechen. Die von Insidern der Taxiszene angesprochenen Missstände sind samt und sonders ungeahndete Verstösse gegen bestehende Gesetzesnormen. Gegen Vollzugsstau hilft eine weiter gehende Verreglementierung aber nicht. Mit der angestrebten Eindämmung des Wettbewerbs sind Peter Siegenthaler und Gisela Vollmer auf dem Holzweg. Mindestens in Thun hat der Gemeinderat bereits alle Mittel in der Hand, um wirksam Abhilfe zu schaffen – bloss anwenden muss er sie selbst.

1 Kommentar:

Taxiblogger hat gesagt…

Ein wirklich hartes Brot, das Taxifahren. Ich kann es bestätigen!